7. Dezember 2016 Sükran Karabacak

Ein Buch, in dem sich Lebendigkeit und Lebensende treffen

Neu erschienen: Katharina Morellos Buch «Als London unterging»

Ein junger Mann landet in einem Dorf in der Schweiz. Die gefährliche Flucht hat er überlebt, doch ein See in der Schweiz wird für ihn zur tödlichen Gefahr. Einige Gedanken zum Buch «Als London unterging».

Der Umschlag des Buches fiel mir sofort auf, als ich den Roman in den Händen hielt. Einerseits ruft seine Lebendigkeit Bewegung und Dynamik hervor, andererseits weist die Ruhe des Sees auf das Lebensende und den Tod hin. Noch interessanter erscheint mir, wie die Autorin Katharina Morello den Titel ausgewählt hat: «Als London unterging». Der Titel assoziiert den Vergleich mit Kaiser Nero, der anfangs des ersten Jahrhunderts nach Christus die Stadt Rom verbrannt hatte. Diesmal könnte in der Stadt London etwas Ähnliches passiert sein, war mein erster Gedanke.

Doch es verhält sich anders. Der Roman handelt vom Lebensabschnitt eines geflüchteten Jungen namens London aus Afrika. Dafür, dass er sich gerade die Schweiz als Ziel ausgesucht hat, war seine Uhr verantwortlich. Er bekam sie als Geschenk. Für seine Tapferkeit wurde er von einem Weissen mit einer Schweizer Uhr belohnt. Leider ging diese Uhr kaputt, als London in Zimbabwe gefoltert wurde.

In der Schweiz landet der Junge in einem Dorf. Durch sein Wesen und sein Verhalten bringt er frischen Wind in die Gegend, aber die Dorfbewohner*innen spalten sich seinetwegen. Einige Leute und die Behördenmitglieder sehen den Neuling als Störenfried, während andere ihn akzeptieren.

Diese interkulturellen Begegnungen passieren nicht etwa reibungslos; es gibt viele Missverständnisse. Als London im Zürichsee ertrinkt, spitzt sich die Situation zu. Während die schweizerische Behörden den Vorfall bald als abgeschlossenes Dossier betrachtet, kommt Londons Tante aus Zimbabwe in die Schweiz, um sich über das Fehlverhalten der Behörden bei den Trauerfeierlichkeiten zu beschweren. Und um die Geister zu versöhnen.

Ich würde dieses Buch von Herzen empfehlen. Humor und Kritik der eigenen Kultur werden auf verblüffende Weise dargestellt. Die Todeszeremonie erlebt jede*r in verschiedenen Kulturen ganz anders. Man sollte nicht unbedingt bei seinen eigenen Vorstellungen verharren, welche Todeszeremonie die richtige sei. So erweitert dieser Roman den eigenen Horizont.

Die Autorin Katharina Morello ist Präsidentin des Vereins «Bildung für Alle». «Als London unterging» ist 2016 im Orte-Verlag erschienen. Nach zwei Erzählbänden ist dies ihr erster Roman.

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