28. April 2019 Redaktion
Die Papierlose Zeitung wird von Menschen geschrieben, die aus eigener Erfahrung wissen, was es heisst, jahrelang auf Asyl zu warten, willkürlichen Entscheidungen ausgesetzt zu sein oder gar Repression und Grundrechtsverletzungen zu erleiden.
Schneller. Effizienter. Und natürlich gern auch billiger: So stellt sich die Politik das Asylverfahren vor, das am 1. März mit dem neuen Asylgesetz in Kraft getreten ist. Nur noch 140 Tage soll es dauern – ob das funktioniert? Denn bisher wurden ja jene Asylgesuche, welche die grössten Chancen auf Bewilligung haben, gern auf die lange Bank geschoben. So müssen beispielsweise Personen aus Syrien oft drei Jahre auf eine Entscheidung warten.
Das neue Asylgesetz bringt für geflüchtete Menschen Nachteile: Die Rekursfrist wird von 30 auf 10 Tage verkürzt. Und in den neuen Asylzentren sind die Menschen den grössten Teil der Zeit eingesperrt, die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt. Umso wichtiger ist es, die Migrationspolitik der Schweiz aus einer kritischen Position zu beobachten. Wir tun das mit Herzblut – denn die Papierlose Zeitung wird nicht von Unbeteiligten geschrieben, sondern zum grossen Teil von Menschen, die aus eigener Erfahrung wissen, was es heisst, jahrelang auf Asyl zu warten, willkürlichen Entscheidungen ausgesetzt zu sein oder gar Repression und Grundrechtsverletzungen zu erleiden. Viele Menschen in der Schweiz wissen nicht, wie repressiv die hiesige Politik Geflüchtete behandelt – so repressiv, als sei eine Flucht schon etwas Kriminelles.
Besonders dramatisch ist die Situation im Nothilfe-Regime. Hier wird alles unternommen, um Abgewiesenen den Aufenthalt in der Schweiz unerträglich zu machen. Mit einer Infografik und einem Erfahrungsbericht zeigen wir auf, wie das Leben mit Eingrenzung in Urdorf konkret aussieht – es bleibt kaum Leben übrig (Seite 16). Aus Adliswil berichten Familien von ihrem Alltag im Nothilfe-Regime: Auf dem Weg zur Dusche friert man und begegnet Ratten, und das Spielzimmer ist immer geschlossen.
Eine weitere politische Verschärfung im Kanton Zürich trifft Menschen mit F-Status. Statt Sozialhilfe erhalten sie nur noch Asylfürsorge. Viele Gemeinden streichen Integrationsmassnahmen wie Deutschkurse (Seite 24). Richtlinien gibt es nicht, die Situation ist völlig intransparent. Zudem wird Menschen mit F-Ausweis der Zutritt zu Clubs verwehrt, insbesondere wenn sie nicht weiss sind.
Alltagsrassismus erleben viele Menschen in der Schweiz, nicht nur Geflüchtete. Eine davon ist das Racial Profiling durch die Polizei. Dagegen regt sich Widerstand. Doch es gibt – unabhängig von der Aufenthaltsbewilligung – immer die Möglichkeit, sich politisch zu engagieren: Es kommt auf jede Stimme an. Und jeder und jede kann eine Initiative starten. In diesem Sinn will die Papierlose Zeitung auch zu Engagement und Hinschauen ermutigen.
Die Papierlose Zeitung 11/2019 wird am 1.-Mai-Fest und an der Demo Zürich verteilt. Am 2. Mai liegt sie der WOZ bei.
Gerne schicken wir Ihnen die Zeitung auch nach Hause. Hier können Sie Ihre Adresse eintragen: http://www.papierlosezeitung.ch/seite/abo