3. Dezember 2018 Ein NUK-Bewohner

Die Wanzen können sie nicht kaputt machen – nur die Menschen

In den Notunterkünften (NUK) des Kantons Zürich werden systematisch Menschen unterdrückt. Zum Beispiel in Urdorf

In meinem Heimatland habe ich studiert, ich hatte ein sicheres und gutes Leben. Früher lebte ich in einem Haus – jetzt bin ich in einem Bunker eingesperrt. Als der Krieg ausbrach, musste ich mein Land verlassen, und ich kam in die Schweiz: Das Land der Menschenrechte, dachte ich. Aber mein Asylgesuch wurde vor zwei Jahren abgelehnt, weil ich nicht genug Beweise vorbringen konnte. Seither lebe ich völlig entrechtet. Ich lebte im Bunker in Uster. Nachdem er geschlossen wurde, wurde ich nach Urdorf geschickt. Ich fühle mich sehr schlecht hier. Selbst ein Hund hat einen Pass, ich hingegen darf nicht einmal nach Schlieren fahren. Ich bin in Urdorf eingegrenzt.

Die Mitarbeiter*innen der ORS AG, welche die NUK leiten, schikanieren uns. Wenn ich ihnen sage, dass die 8.50 Franken pro Tag nicht reichen, sagen sie, man solle doch froh sein darum. Und immer wieder sagen sie uns, wir müssten das Land verlassen. Aber ich kann nicht zurückgehen, ich bin dort nicht sicher. Auch die Polizei unterdrückt uns. Fast jeden Tag kommt sie in die NUK. Die Polizist*innen durchsuchen unsere privaten Sachen, wecken uns, machen uns verrückt. Manchmal werden auch Bewohner*innen verhaftet. Ich selber wurde schon unzählige Male festgenommen.

Aber viel schlimmer als hier ist es im Gefängnis nicht. Dort hast du wenigstens eine Zelle für dich. Hier wohnen 50 Leute auf kleinstem Raum. Wirklich schlafen kann man da nicht: Die Luft ist sehr schlecht und im Moment haben wir Bettwanzen. Die Leute der ORS versuchen das Problem in den Griff zu kriegen. Aber sie können die Wanzen nicht kaputt machen, nur die Menschen. Dafür schlafe ich oft am Tag. Man hat ja sonst nichts zu tun, ausser Rumsitzen und Schlafen.

Wir sind von der Welt völlig abgeschnitten. Nur mit dem Smartphone können wir Kontakt aufnehmen. Allerdings habe ich drinnen keinen Empfang. Wenn ich mit jemandem sprechen möchte, muss ich raus in die Kälte. Einen Deutschkurs gibt es nur einmal in der Woche. Dieser Ort macht dich krank und verrückt. Die Schweiz: ein Land der Menschenrechte? Wer Urdorf kennt, weiss, dass das nicht stimmt.

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