4. August 2020 Annette Lory, Leiterin Herberge
Seit Januar 2020 bietet ein neues Projekt in Zürich temporäre Wohnmöglichkeiten für Frauen und Kinder – unabhängig vom Aufenthaltsstatus.
In den Gemeinschaftsräumen herrscht wuseliges Treiben, in Räumen und Gängen hallen die Stimmen von Kindern und ihren Müttern. Im grossen Wohnzimmer unterhalten sich zwei Frauen über ihre Chancen, eine eigene Wohnung zu finden. Eine andere Frau zieht sich nach einem anstrengenden Tag lieber zurück, um in Ruhe in ihrem Zimmer zu lernen oder einfach nur abzuhängen. Eine junge Frau, die aus einer Notunterkunft gekommen ist, kann in ihrem Zimmer zur Ruhe kommen und neue Kräfte tanken.
Seit Januar 2020 gibt es mit der Herberge in der Stadt Zürich ein neues Angebot, das sich ausschliesslich an Frauen richtet. Das ist wichtig, weil Frauen, insbesondere geflüchtete, in der Schweiz immer noch strukturell benachteiligt werden und sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind. Es gibt beispielsweise Gemeinden, die Frauen keinen Deutschkurs ermöglichen, «weil sie ja auf ihre Kinder aufpassen müssen».
In zwei übereinanderliegenden Wohnungen gibt es Platz für zehn Frauen mit und ohne Kinder und mit allen möglichen Aufenthaltsstatus. Sie erhalten hier eine befristete, aber würdige Wohnsituation. Die Zimmer werden – wo möglich – zum Selbstkostenpreis zwischen 300 und 500 Franken im Monat vermietet. Die Herberge ist als Sprungbrett gedacht, deswegen ist die Wohndauer befristet, damit mehr Frauen das Angebot annehmen können (vorderhand 6 Monate, mit Option auf Verlängerung). Eine Sozialarbeiterin begleitet und unterstützt die Bewohnerinnen auf ihrem Weg in eine selbstbestimmte und selbstständige Wohnform. Das Projekt wird vom unabhängigen Verein Wohngenuss in Kooperation mit der Citykirche Offener St. Jakob getragen.
Damit keine falschen Erwartungen entstehen: Die Herberge ist sehr gut angelaufen und war rasch voll belegt. Immer wieder aber werden ein, zwei Zimmer frei, das ist Teil des Konzepts. Deswegen rufen wir alle Herberge suchenden Frauen und alle Aktivist*innen auf, sich gerne auch kurzfristig zu melden – wir versuchen, wo möglich Hand zu bieten : +41 76 233 89 82.