1. Februar 2011 Michael Schmitz
Die private Firma ORS AG betreibt Asylunterkünfte und betreut Asylsuchende im Auftrag der Behörden. Dabei ist sie bei den Betreuten gefürchtet für ihre repressive Haltung – und bei Private-Equity-Gesellschaften beliebt als Investitionsobjekt.
Empfangszentren des Bundes, Notunterkünfte, Durchgangszentren, Gemeindemandate: Die ORS AG deckt die ganze Palette von Asyl-Dienstleistungen für Bund, Kantone und Gemeinden ab. Im Kanton Freiburg hat sie gar das Gesamtmandat der Asylbetreuung für den Kanton. Im Kanton Zürich führt sie die Asylbetreuung diverser Gemeinden, Durchgangszentren und die meisten Notuterkünfte.
ORS ist beliebt bei den Behörden: Sie ist billig, effizient und sorgt für Ordnung. Die Leidtragenden sind dabei die Flüchtlinge. So bezahlt die ORS zum Beispiel Asylsuchenden im Verfahren im Gegensatz zur Zürcher Asylorganisation AOZ grundsätzlich keine Deutschkurse.
Wer sich im unermesslichen Datendschungel des Internets auf die Suche nach den Besitzverhältnissen der ORS AG macht, wird hellhörig. Denn die Eigentümer der Firma sind bedeutende Exponenten des schweizerischen Finanzkapitals. Über eine Holding mit dem Namen OX Group gehört die Firma der Invision, einer in der Schweiz führenden Private-Equity-Gesellschaft mit Sitz in Baar, Kanton Zug.
Invision ist auch Besitzerin des bekannten Marktforschungsinstituts Link Marketing Services. Im Board of Directors sitzt unter anderem Prof. Dr. Cuno Pümpin, emeritierter Professor an der Universität St. Gallen, Autor vieler wirtschaftswissenschaftlicher Publikationen, Träger des Swiss Innovation Awards und Berater der liechtensteinischen LGT Group, die 2008 in Zusammenhang mit einer Steueraffäre in die Schlagzeilen geriet. Der Beirat kann auf die Unterstützung von Prinz Heinrich von und zu Liechtenstein und Ernst Buschor zählen. Letzterer war von 1993 bis 2003 Bildungsdirektor des Kantons Zürich und wegen seiner neoliberalen Reformen stark umstritten.
Private-Equity-Gesellschaften sammeln finanzielle Mittel bei institutionellen Anlegern wie Banken oder Versicherung, zum Teil auch direkt bei Privatpersonen. Die Gesellschaften suchen gezielt Unternehmen aus, die einen möglichst gesicherten Profit versprechen. Die Beteiligungsdauer ist mit drei bis fünf Jahren relativ kurz. Es wird also auch ein baldiger Profit erwartet. Vor der Übernahme durch den Invision-Fonds im Sommer 2009 gehörte die Holding, zu der ORS gehört, auch schon zwei Beteiligungsgesellschaften – und dem Management, das 2005 mit Hilfe einer dieser Gesellschaften die Holding selbst übernahm.
Die ORS scheint also ein beliebtes Anlageobjekt zu sein. Bis jetzt sind allerdings über die Höhe der Gewinne, welche die ORS AG durch das Geschäft mit den Flüchtlingen gemacht hat, keine Angaben an die Öffentlichkeit gelangt. Da die Aktien der Firma nicht an der Börse gehandelt werden, ist sie nicht zur Veröffentlichung von Geschäftszahlen verpflichtet.