5. November 2015 Khalid Ahmad und Katharina Morello

Raum für die ASZ! Statements von Kulturschaffenden und Politiker_innen zur Autonomen Schule Zürich

Seit heute, dem 5. November steht die ASZ auf der Strasse. Gespräche mit der Stadt über einen neuen Standort laufen, aber eine Lösung wurde bis jetzt nicht gefunden. In dieser Situation ist die Solidarität, die wir aus breiten Kreisen spüren, umso wichtiger.

Eine Solidaritäterklärung von Prominenten und Organisationen findet ihr hier. Einige von ihnen haben uns ausführlichere Unterstützungs-Statements geschickt. Wir haben ihnen folgende Fragen gestellt.

1. Warum unterstützen Sie/unterstützt Du die ASZ?
2. Was ist Ihre/Deine politische Vision (für die Schweiz und weltweit) in Bezug auf das Thema Flüchtlinge und Migration?

Die Antworten, die wir sodann erhielten, verbreiten wir im Folgenden gerne weiter.

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Dr. Kijan Espahangizi, Zentrum „Geschichte des Wissens“, ETH & Universität Zürich

Die ASZ ist ein zentraler Ort im Kulturleben der Stadt Zürich. Als solcher sollte er auch offiziell anerkannt und unterstützt werden.

Meine Vision ist eine Schweiz, in der Migration und Vielfalt als gesellschaftliche Tatsachen akzeptiert sind, eine Schweiz in der Chancen und Möglichkeiten zur Teilhabe nicht von der Herkunft abhängen und in der die gemeinsame Zukunft zählt.

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Andreas Heusser, Aktionskünstler

Die ASZ ist eine Schule, die sich weder von links (Bürokratie) noch von rechts (Profitdenken) dreinreden lässt, sondern konsequent und unermüdlich eine Mission verfolgt: Bildung als Recht für alle – statt als Privileg für diejenigen mit den "richtigen" Papieren. Hier werden die Lerninhalte nicht bloss als Ziele für den Lehrplan formuliert, sondern mit unmittelbar praktischem und sozialem Nutzen umgesetzt. Dank dem freiwilligen Engagement von kompetenten Fachpersonen lernt man an der ASZ nicht vieles ein wenig, sondern das Nötigste richtig – und das erst noch gratis. Fürs Leben. Für ein besseres Zusammenleben in der Schweiz. Grossartig!

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Franz Hohler, Schriftsteller, Kabarettist:

Die Autonome Schule Zürich füllt eine Lücke im Bildungsangebot für alle Migranten und Migrantinnen, die in einem unsicheren Status leben. Sie erleichtert diesen Menschen die Integration.

Wir sollten uns darauf einstellen, dass wir auch in unserm Land mit der Welt zusammenleben.

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Guy Krneta, Schriftsteller:

Die Autonome Schule unterstützt Flüchtlinge auf vielfältige Weise und sie nutzt ihre Erfahrungen politisch. Das ist vorbildlich.

Eine Flüchtlingspolitik, die den Namen verdient, unterstützt Flüchtlinge. Sie sucht Wege und Mittel, wie Menschen, die aus vielfältigen Gründen ihren Geburtsort verlassen, geholfen werden kann oder - noch besser - sie sich selber helfen können. Unsere aktuelle Flüchtlingspolitik erfindet dauernd neue Kriterien (um das eigene Gewissen zu beruhigen), um Hilfsbedürftige von der Hilfe auszuschliessen. Das ist zynisch.

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Hannes Lindenmeyer, Kirchgemeindepräsident Zürich-Aussersihl:

Die ASZ gehört zu den wenigen Organisationen unserer Stadt, die sich für das universale Menschenrecht auf Bildung (Art. 26 der Allg. Erklärung der Menschenrechte) politisch einsetzt und dieses im Rahmen ihrer Möglichkeiten selber praktisch umsetzt. Als Schule ist sie Vorbild für alle Institutionen der Erwachsenenbildung. Als politische Bewegung ist sie Teil der weltweiten Bewegung für Gerechtigkeit und Emanzipation.

Eine Welt ohne Nationen, ohne Grenzen, ohne Waffen in der die Ressourcen entsprechend dem Bedarf der Vielfalt unterschiedlicher, basisdemokratisch aufgebauter Regionen verteilt werden. In einer solchen Welt gibt es keine Flüchtlinge.

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Luca Maggi, Vizepräsident Grüne Schweiz:

Ich unterstütze die ASZ, weil sie keinem Menschen das Recht auf Bildung abspricht. Hier können Menschen unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus zusammenkommen. Die ASZ ist kein Hilfswerk, sondern hier wird Solidarität gelebt. Ich finde, dass eine solche Institution in die Stadt Zürich gehört. Es geht nicht an, dass die ASZ immer weiter aus der Stadt gedrängt wird. Die Stadt Zürich soll der ASZ Raum zur Verfügung stellen, welchen Sie autonom nach ihren Bedürfnissen und Vorstellungen gestalten und beleben kann. Eine Stadt, die Vielfalt und Andersartigkeit verdrängt, nimmt ihre sozialen Aufgaben nicht wahr und ein Leben in ihr für viele nicht mehr lebenswert.

Ich stehe klar für den Grundsatz der weltweiten Bewegungsfreiheit ein. In der aktuellen politischen Realität ist das jedoch leider eine Utopie. Hier wehre ich mich jedoch entschieden gegen sämtliche Verschärfungen im Asyl- und Ausländerbereich. Ich setze mich für legale Fluchtwege nach Europa und in die Schweiz ein. Ich bin für eine sofortige Abschaffung des aktuellen Ausschaffungsregimes. Und gegen jegliche Abschottung von Menschen in geschlossenen Zentren.

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Mattea Meyer, Nationalrätin, Vorstandsmitglied SPAZ, Wirtschaftsgeographin:

Die ASZ lebt im Kleinen, was ich mir für die Gesellschaft wünsche: Eine Gemeinschaft, die nicht von künstlich geschaffenen (nationalen) Grenzen gespalten wird, sondern in der alle einfach Mensch sind. Eine Gemeinschaft, in der nicht ein paar wenige über alle anderen herrschen, sondern in der alle gleichberechtigt die Zukunft mitbestimmen. Eine Gemeinschaft, die Ungerechtigkeiten und Unterdrückung nicht einfach als Naturgesetze hinnimmt, sondern ihre Stimme erhebt, dagegen kämpft und Alternativen lebt. Es ist deshalb dringend notwendig, dass die ASZ einen Raum hat, den sie selbstbestimmt gestalten kann.

Es ist anmassend, mit welcher Selbstgefälligkeit in der Schweiz über Migrant_innen geurteilt, zwischen „wahren“ und „falschen“ Flüchtlingen unterschieden und die Verantwortung weit von sich geschoben wird. Unsere Antwort auf Flüchtlinge und Migration kann weder geschlossene Grenzen noch meterhohe Mauern sein. Aber unsere Antwort darf auch nicht bei der Forderung nach legalen Fluchtwegen, Aufenthaltsrechten und offenen Grenzen aufhören. Solidarität bedeutet nicht paternalistische Grosszügigkeit und Barmherzigkeit, sondern Anerkennen, dass der Wohlstand der einen verbunden ist mit der Armut von anderen. Und hier müssen wir Verantwortung übernehmen: Es braucht die Abschaffung des Bankgeheimnis, ein Verbot des Kriegsmaterialexportes und ein Ende der Ausbeutung durch multinationale Grosskonzerne. Kurz: Es braucht eine gerechtere Verteilung des Reichtums auf der ganzen Welt.

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Fabian Molina, Präsident JUSO Schweiz:

Bildung ist ein Menschenrecht. Dafür engagiert sich die ASZ und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Emanzipation des Menschen – unabhängig von Herkunft und Pass.

Migration ist eine Realität, die es zu akzeptieren und gerecht zu organisieren gilt. Wir dürfen uns nicht durch Grenzen oder Nationen einengen lassen, sondern sollten dafür kämpfen, dass wir Menschen endlich frei entscheiden können, wo und wie wir in Solidarität zusammenleben wollen. Dafür brauchen wir Freiheit für den Menschen, nicht fürs Kapital.

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Milo Rau, Regisseur, Theaterautor:

Ich unterstütze euch aus grundsätzlicher Solidarität, weil ich es gut finde, was ihr macht.

Meine Vision ist ein Weltstaat, der den Gegebenheiten der Globalisierung entspricht und sie, wie früher der nationale Wohlfahrtsstaat, eindämmt und kontrolliert.

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David Roth, Kantonsrat Luzern:

Ich unterstütze die ASZ, weil hier Privatpersonen eine Aufgabe wahrnehmen, die eigentlich eine gesamtgesellschaftliche sein sollte. Dieses hohe Verantwortungsbewusstsein beeindruckt mich.

Die wenigsten migrieren gerne. Die meisten werden aus wirtschaftlichen oder kriegerischen Gründen dazu gezwungen. Das bedeutet, dass wir uns in der Friedenspolitik und für eine gerechte Weltwirtschaft engagieren müssen. Noch immer fliessen aber Profite in den Norden, während dem Süden wirtschaftliche und ökologische Probleme überlassen werden. Menschen sollen dort wohnen und arbeiten können, wo sie das möchten. Und ich bin sicher: Wenn Menschen genügend Perspektiven in der Heimat haben, dann möchten sie sie dort wahrnehmen. Bei Menschen die verfolgt oder an Leib und Leben bedroht werden, haben wir eine besondere Verantwortung.

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Cédric Wermuth, Nationalrat:

Bildung ist ein Menschenrecht. Sie gibt uns die Chance, die Welt in der wir leben zu verstehen, zu kritisieren und zu verändern. Darum wird sie auch von den Mächtigen so gefürchtet. Ich habe grossen Respekt vor allen, die sich in und um die ASZ engagieren: Bildung für Freiheit und Solidarität verdient jede Unterstützung.

Nun, niemand von uns weiss, warum er oder sie genau hier und nicht z.B. im Sahelgürtel geboren ist. Warum sollten wir also mehr Anrecht auf den Reichtum der Schweiz haben als andere? Das habe ich nie verstanden. Meine Vision ist eine Welt der weltweiten Freizügigkeit. Etwas realpolitischer: Schon einmal eine echte Friedens- und Entwicklungspolitik statt wirtschaftlicher Ausbeutung und legale Migrationswege nach Europa. Das würde uns viele tragische Schicksale ersparen.

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Nadja Zela, Musikerin und Songwriterin aus Zürich:

Ich möchte alles was das Zusammenleben fördert und den Kulturaustausch befruchtet unterstützen. Ich bin glücklich darüber, dass die ASZ versucht, Personen die am Rande der Gesellschaft leben müssen mehr in unsere Mitte zu bringen.

Meine Vision: Wir (die reichen und kriegsverschonten Erstweltstaaten) akzeptieren die globalen Bewegungen als Tatsache und als Chance. Wir sehen das Ganze – nicht nur unseren eigenen Vorteil. Wir in Europa unterstützen und fördern die friedliche und gewaltfreie Aufnahme aller Flüchtlinge und Migranten unter den EU Staaten, angemessen zu Fläche, Reichtum und logistischen Kapazitäten der jeweiligen Länder – die Schweiz agiert loyal und verhandlungsfreudig. Wir reden über Lösungen anhand der Gegebenheiten, nicht über Angst vor Problemen.

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Tim Zulauf, Regisseur/Theaterautor/Journalist:

Die ASZ ist die entspannteste unentspannte barrierenfreie community, die ich kenne.

An Profit orientierten Nationalgrenzen müssen weg, «No Boarders no Nations»

Und dabei das andere alte Ding nicht vergessen: Wir sind die 99%.

Stand: 4.11.15

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