25. Juni 2011 Qasem Alizada und Riza Haidari

Über die Hazara in Afghanistan: Politische Situation und Diskriminierung

Ethnische Konflikte dominieren seit jeher den Alltag in Afghanistan. Ein Bericht über das Leben der Hazara.

Die Hazara wurden nach dem Fall der schiitischen Safawiden und der Gründung des modernen Afghanistan, wo sie sowohl eine ethnische als auch eine konfessionelle Minderheit darstellen, immer wieder Opfer von Diskriminierung, besonders durch die paschtunische Elite. Nach der Unterwerfung des Hazaradschat unter Abdur Rahman Khan gab es in den 1890er Jahren Pogrome, und Tausende Hazara wurden versklavt. 

Im afghanischen Bürgerkrieg bildete sich die Hizb-i Wahdat («Partei der Einheit») als schiitische politisch-militante Gruppierung heraus, die von den Hazara dominiert worden ist. Ihr geistiger und ideologischer Vater, Abdul Ali Mazari, wurde 1995 bei Kämpfen gegen die Taliban gefangen genommen und kam bei einem Hubschrauberunglück auf der Überstellung nach Kandahar ums Leben. Im Verlauf des Krieges kam es wiederholt zu Übergriffen an der Hazara-Zivilbevölkerung.

So wurden 1993 bei den Angriffen der Dschamiat-i Islami unter Ahmad Schah Massoud sowie der Ittihad-i Islami unter Abdul Rasul Sayyaf auf Stellungen der Hizb-i Wahdat in Kabul erstmals auch gezielt Angehörige der dortigen Hazara-Bevölkerung getötet. Die schlimmsten Übergriffe stellten die Massaker dar, die die Taliban 1997 bei der Rückeroberung Mazar-i Scharifs sowie 2001 nach der Wiedereinnahme des Hazaradschats verübten. Vorausgegangen waren allerdings Massenexekutionen von Taliban durch Hazara-Truppen nach deren misslungenem Angriff auf Mazar-i Scharif im Jahr 1996.

In jüngster Zeit geriet der indische Film  «Kabul Express» des paschtunischen Regisseurs Kabir Khan im Zusammenhang mit der Diskriminierung der Hazara in die Kritik; ihm wurden rassistische Beleidigungen gegenüber den Hazara vorgeworfen. Literarisch wurde die Diskriminierung der Hazara auch im Bestsellerroman «Drachenläufer» des Autors Khaled Hosseini thematisiert. 

Vor dem Bürgerkrieg und der sowjetischen Invasion besuchten jährlich bis zu 100.000 Touristen das Hazaradschat, um die Buddha-Statuen von Bamiyan zu sehen, welche vor ihrer Zerstörung die größte Touristenattraktion Afghanistans darstellten. Nach dem Sturz des Taliban-Regimes gilt Hazaradschat heute (2011) als vergleichsweise sichere Region, in der Anschläge und der Anbau von Schlafmohn zur Opiumherstellung kaum verbreitet sind. Es hat Fortschritte in der Schulbildung – auch von Mädchen – gegeben. Frauen haben bei den Hazara mehr Freiheiten als bei anderen Volksgruppen Afghanistans. Die Hazara Habiba Sarabi ist als Gouverneurin der Provinz Bamiyan landesweit die einzige Frau in diesem Amt. Eine weitere bekannte Hazara ist die Ärztin und Politikerin Sima Samar. 

Die beiden Autoren sind Exil-Hazara. 

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