1. Februar 2011 John

Die Karawane «Autonome Schule Zürich»

Deutschkurs auf dem Bundesplatz im Rahmen der Besetzung der Kleinen Schanze durch Bleiberecht Schweiz, Juni 2010

Manessestrasse – Kasama – Kalkbreite – GZ Wollishofen – Oerlikon – Gessnerallee – Badenerstrasse – Huberta – Rote Fabrik – Güterbahnhof: Das sind die bisherigen Stationen der Schule, die eine Karawane ist.

Seit den Anfängen der Autonomen Schule Zürich ist mehr als ein Jahr vergangen. Hervorgegangen ist sie aus der brillanten Idee einiger Mitglieder des Bleiberechtkollektives, eine Deutschschule mit dem Motto «Bildung für Alle» zu gründen, kostenlos und offen für alle. Insbesondere ist die Schule offen für Papierlose, die in Zürich wohnen und niemals die Möglichkeit hätten, Deutsch an einer normalen öffentlich oder privaten Schule zu lernen. Die Schule hat keine permanente Räumlichkeit. Unsere Gemeinschaft ähnelt daher in ihrer Reise durch die Stadt Zürich und deren besetzte Häuser einer Karawane, die von Ort zu Ort zieht, bepackt mit Schulmaterial und Möbeln wie Tischen und Bänken.

Als ich im Juli 2009 zur Schule stiess, erlebte ich grosse Motivation. Ich war begeistert von der positiven Energie, die ich am damaligen Standort in Wollishofen spürte. Später zogen wir in ein Gebäude in Oerlikon um, das jedoch später von über fünfzig Polizisten geräumt wurde. Wir erfuhren grosse Solidarität seitens verschiedener Personen und Gruppierungen, die uns half, unsere Reise fortzusetzen. Während der ständigen Umzüge musste die Schule manche Schwierigkeiten überwinden, doch die Entschlossenheit der Beteiligten, sich vorwärts zu bewegen, ist inspirierend. An der Schule arbeiten KursteilnehmerInnen und Moderierende verschiedener Kulturen Hand in Hand, ohne Chef. Nicht nur Deutsch kann man an der Autonomen Schule Zürich lernen, sondern beispielsweise auch bei einem Theater mitmachen und in einem Atelier arbeiten.

Kursteilnehmer beteiligen sich an verschiedenen Projekten und arbeiten gemeinsam mit den Moderierenden neue Ideen aus. Ein Beispiel dafür ist der Bleibeführer, der von der Ateliergruppe erstellt worden ist. Die Idee war, in Form eines Buchs wichtige Informationen über Zürich zu vermitteln, zum Beispiel wo kostenlose Bildung angeboten wird, wo Informationen zum Asylwesen eingeholt werden können, wo es Rechtsberatung und Rechtsanwälte oder unentgeldliche medizinische Betreuung gibt. Den Kursteilnehmenden wurden Kameras gegeben, mit denen sie verschiedene Orte in der Stadt photographierten. Weiter haben sie Piktogramme gezeichnet und das Layout des Buchs besprochen. Der Bleibeführer kann unter www.papierlosezeitung.ch/bleibefuehrer/ [Link nicht mehr aktuell, PDF hier, Red.] bestellt werden.

Im Theater-Workshop trifft sich die Gruppe ein- bis zweimal pro Woche zu Proben, betreut von einigen Moderatoren. Die Gruppe hat bereits ein Stück über die Situation von Asylsuchenden im Theaterhaus Gessnerallee präsentiert und im Theater am Neumarkt und im Berner Tojo-Theater gespielt (siehe «Das Interview» auf Seite 13)

Ein weiteres Projekt ist die Papierlose Zeitung, vom Bleiberecht und dem Verein Bildung für Alle gemeinsam aufgebaut. Die Grundidee war, eine Zeitung herauszugeben, in der kurze, von Flüchtlingen verfasste Texte abgedruckt werden, die über das Leben der Papierlosen informieren. Die Texte werden entweder direkt auf Deutsch geschrieben oder in der Muttersprache der Kursteilnehmenden verfasst und anschliessend ins Deutsche übersetzt.

Zu guter Letzt sei noch der Kurzfilm «Warten» erwähnt, der im ersten Teil die Geschichte von Papierlosen erzählt, die sich bei einem Deutschkurs anmelden wollen, von den Behörden jedoch lediglich zu hören bekommen, dass sie warten sollen. Ein weiterer Teil handelt von zwei Touristen, welche die Predigerkirche besuchen, die im Dezember 2009 drei Wochen lang von Papierlosen besetzt worden war. Die Schauspieler im Film waren hauptsächlich Teilnehmende aus den Deutschkursen.

Die treibenden Kräfte der Autonomen Schule sind Entschlossenheit, Zusammensein und gegenseitiger Respekt. Der gemeinsame Wunsch ist, gute Deutschkenntnisse zu erlangen und sich gegenseitig aufzubauen.

Artikel mit ähnlichen Themen:
Loading ...